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Die Hirnforschung ist sich einig darüber, dass für eine gesunde Hirnentwicklung und ein nachhaltiges Lernen möglichst viele Erlebnisse in der realen Welt vonnöten sind.

Wenn Kinder aber bereits im Grundschulalter ein Smartphone erhalten, ist die Gefahr groß, dass dieses Gerät mit all seinen Möglichkeiten und Verlockungen alle anderen Freizeitbeschäftigungen aussticht.

Die Medienpädagogin Paula Bleckmann vergleicht in diesem Zusammenhang das mediale Angebot mit einem Raubfisch, der in das bunte und lebendige Aquarium des Lebens unserer Kinder gesetzt, das Potenzial hat, alle anderen Lust und Freude machenden Aktivitäten unserer Kinder gewissermaßen aufzufressen, um am Ende allein übrig zu bleiben.

Gerade in der 4., 5. und 6. Klasse, wenn viele Eltern dem Druck der Kinder nachgeben und ihnen ein eigenes Smartphone erlauben, beginnt der Übergang von Kindheit zu Jugendalter. Kinder finden in diesem Alter oftmals ihre Spielsachen nicht mehr so interessant, haben aber auch noch keine neuen jugendlichen Hobbys entwickelt. Sie verlieren auch oft Interesse an ihren bisherigen Sportarten und Hobbys und möchten Neues ausprobieren. Wenn in diesem kritischen Moment das Smartphone eingeführt und eine problematische Bildschirmmediennutzung beginnt, wird das Kind weniger leicht ein neues Hobby finden, weniger bereitwillig eine neue Sportart ausprobieren oder an seinem bisherigen Instrumentalunterricht festhalten. Denn das Internet und Online-Spiele sind ja so viel verlockender, bequemer, weniger anstrengend und befriedigen sofort das Belohnungszentrum. 

Mit 14 hingegen haben Kinder bzw. Jugendliche idealerweise bereits gefestigte Freundschaften und Hobbys, haben den Wechsel auf die weiterführende Schule gemeistert, neue Freundschaften geschlossen und sich an die erhöhten Anforderungen und den erhöhten Lernaufwand gewöhnt. Wir meinen, dass daher mit 14 sehr viel eher eine unproblematische Mediennutzung gelingen und echte Medienkompetenz erworben werden kann.

Laut der Professorin für Medienpädagogik Paula Bleckmann klappt das Vorbeugen gegen eine problematische Bildschirmmediennutzung am besten, „wenn die Kinder stark im Leben verankert sind, gut in ihrer Peergroup verankert sind, eine tragfähige Beziehung zu den Eltern haben, im Verein Fußball spielen. Das sind die stärksten Schutzschilder. So schaffen wir die Basis für einen späteren Erwerb von Medienkompetenz.“ 

Jugendschutzgesetz SIEHT KINDER UNTER 14 ALS BESONDERS SCHUTZBEDÜRFTIG AN

Viele meinen, Verbote seien kontraproduktiv und überholt, weltfremd und würden den Sog hin zum Verbotenen nur noch verstärken. Dabei gibt es in unserer Gesellschaft selbstverständlich eine Vielzahl von gesetzlichen Verboten zum Schutze von Kindern und Jugendlichen, die allgemein anerkannt sind und durchgesetzt werden. Dies geschieht zum Beispiel durch das Jugendschutzgesetz. Im Sinne des deutschen Jugendschutzgesetzes (JSchG) ist ein Kind eine Person, die noch nicht 14 Jahre alt ist. Jugendliche sind Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind. Das Jugendschutzgesetz beschränkt den Zugang zu Produkten oder Orten, von denen eine mögliche Gefährdung für Kinder und Jugend­liche ausgehen kann. 

Das betrifft:

  • Alkohol­- und Tabakkonsum,

  • problematische Medieninhalte und öffentliche Filmvorführungen,

  • den Aufenthalt in Gaststätten und den Besuch von Diskotheken und Tanzveranstaltungen,

  • den Zutritt zu Spielhallen und die Teilnahme an Gewinnspielen,

  • andere jugendgefährdende Veranstaltungen und jugendgefährdende Orte.

Im Jugendschutzgesetz gibt es deshalb

  • Aufenthaltsbeschränkungen und­ -verbote, 

  • Abgabebeschränkungen,

  • Alters- ­und Zeitgrenzen.

Kinder und Jugendliche dürfen also zum Beispiel gar nicht oder erst ab einem bestimmten Alter Zigaretten, Bier oder andere alkoholische Getränke kaufen, bestimmte Filme im Kino anschauen oder Compu­terspiele erwerben, sich nur zu bestimmten Zeiten alleine in einer Gaststätte aufhalten oder eine Disco besuchen.

Der deutsche Gesetzgeber und die Gesellschaft gehen also selbstverständlich davon aus, dass Kinder und Jugendliche in besonderem Maße zu schützen und von potenziell jugendgefährdenden und jugendbeeinträchtigenden Produkten, Orten und Inhalten fernzuhalten sind. Hierbei gelten für Kinder unter 14 striktere Regeln als für Jugendliche. Der Jugendschutz funktioniert im realen Leben durch Ausweiskontrollen, Türsteher und Verkaufspersonal, das auf die Einhaltung des Jugendschutzes achtet. Im Internet jedoch funktioniert der traditionelle Jugendschutz nicht oder jedenfalls nicht ausreichend.  jugendschutz.net, das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet, resümiert in seinem aktuellen Lagebericht „Kinder im Netz“ (http://www.jugendschutz.net/pressemitteilungen/pressemeldung-2020-01-28/):

„Belästigung, Mobbing, Kostenfallen: Kinder sind im Internet vielen Risiken ausgesetzt. Kaum ein in der Altersgruppe populäres Angebot bietet ausreichenden Schutz. Auch gibt es keine altersgerechten Alternativen zu beliebten Erwachsenenangeboten.“ 

Zwar gibt es diverse technische Möglichkeiten zur Kontrolle und Zugangsbeschränkung, doch jede Sperre kann ausgehebelt werden und die Information, wie dies zu bewerkstelligen ist, ist dank Internet und entsprechender Foren leicht zugänglich. Daneben ist der permanente Streit in den Familien wegen Beschränkungen, Medienzeitbegrenzungen etc. vorprogrammiert.

Strafmündigkeit und Deliktsfähigkeit erst mit 14

In unserer Gesellschaft ist allgemein anerkannt, dass Kinder erst im Laufe ihres Lebens eine gewisse Einsichtsfähigkeit sowie die Fähigkeit, dieser Einsicht entsprechend zu handeln, erwerben. Der Gesetzgeber trägt dem zum Beispiel dadurch Rechnung, dass er die Strafmündigkeit und die Deliktsfähigkeit, also die Fähigkeit, für seine Taten straf- bzw. zivilrechtlich zur Verantwortung gezogen werden zu können, erst mit 14 bzw. sogar erst 18 Jahren gegeben sieht. Auch hier wird also ganz klar angenommen, dass Kinder unter 14 aufgrund ihrer verminderten Einsichtsfähigkeit anders zu behandeln sind als ältere Jugendliche. Auch in anderen Zusammenhängen geht der deutsche Gesetzgeber davon aus, dass erst mit 14 eine gewisse Einsichtsfähigkeit als gegeben anzusehen ist. So wird z.B. auch die Religionsmündigkeit in Deutschland gemäß § 5 S.1 KErzG (Gesetz über die religiöse Kindererziehung) mit 14 Jahren angesetzt. Vor diesem Hintergrund erscheint es geboten, auch eine Medienmündigkeit erst mit 14 anzunehmen.